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Was ist ein Echoreim?
Werner Terpitz hat im Vorwort seines Buches „Schüttelreime und
Echoreime des Peter Wirrnetz“ dem Echoreim drei Seiten gewidmet. Er schreibt:
„Der Echoreim ist viel ärmer dran als der Schüttelreim. Er steht
auch nicht im Meyer und auch im Brockhaus nicht (vergleichbar also dem
Schicksal des Nasobems vor Morgensterns nachhaltiger Kritik!), und er wird
in Wolfgang Kaysers Versschule nicht erwähnt. Offiziell gibt es ihn
also gar nicht.“ 1
Terpitz gibt an, einmal einen Artikel darüber gelesen zu haben
– möglicherweise wurde darin der Ausdruck Echoreim verwendet –, und
nennt einige Beispiele aus dem Gedächtnis:
„»Zwölf Häuser hat der Rechtsanwalt;Weiter schreibt er:
die grenzen links und rechts an’n Wald.«
»Dem Maat ist auf der Mole kühle.
Ihm zittern alle Moleküle.«“ 2
Als ein weiteres Beispiel für endschallende Reime führt Liede
das folgende Gedicht von Heinrich Seidel an:
„Begnüge Dich, Liebste!
An Eveline.
Motto:
Wohl kann ich Dich zum Chokoladenladen laden,
Doch nicht mit Dir in Baden-Baden baden.Ich kann dir nicht, was andre schenken, schenken
Und nicht die Welt aus den Gelenken lenken,
Du darfst dich nicht auf Schmuck und Spitzen spitzen,
Wirst nicht mit mir auf goldnen Sitzen sitzen.
Jedoch, der ich des Dichters Habe habe,
Vermag es, daß dich and’re Labe labe:
Schon fühl’ ich es von Liederkeimen keimen,
Ich will sie dir in gold’nen Reimen reimen.“ 5
Der Echoreim wird nun vom endschallenden Reim abgeleitet.
„Der eigentliche Echoreim wiederholt nicht nur wie der endschallende
das letzte Wort oder dessen letzte Silben, sondern antwortet in dieser
Wiederholung zugleich auf eine im Vers gestellte Frage, auf einen Ausruf
usw. Oft wird dabei der Lautbestand verändert und kaum auf die physikalischen
Gesetze des Echos Rücksicht genommen. [...]
Als einen Übergang vom endschallenden zum Echoreim darf man Eichendorffs
Waldhornecho betrachten:
Es tönet der Wälder Mund – und,
Wie das Getöne verhallt – hallt
Wieder Herz, Höhe und Grund – rund,
Ja, tust mir grüne Gewalt – Wald!“ 6
Etwas weiter schreibt Liede:
„Der rührende Reim spielt mit der Gleichheit der Reimwörter.
Er verwendet das gleiche Wort als Reimwort, aber mit einem anderen Sinn,
deshalb neigt er stark zum Wortspiel.“ 7
Aus dieser Beschreibung geht hervor, dass der rührende Reim die
Reimart ist, die Terpitz Echoreim nennt.
Dazu schreibt Waltraud Puzicha:
„Für Echoreime, die auch Zwillingsreime genannt werden, verwendet
man Reimwörter, die bei gleichem Klang und gleicher oder abweichender
Schreibweise eine andere Bedeutung haben, z.B.
Fest steht, so mancher Vater schafft[...]
auch auswärts eine Vaterschaft.
J.R.
1 Werner Terpitz, Schüttelreime und Echoreime des Peter
Wirrnetz, Stuttgart, 1992, S. 17.
2 Ebd. S.17.
3 Ebd. S.18.
4 Alfred Liede, Dichtung als Spiel, Band 2, 2. Aufl., Berlin,
1992, S. 132-133.
5 Ebd. S. 135.
6 Ebd. S. 136.
7 Ebd. S. 142.
8 Waltraud Puzicha, Gemischte Doppelspiele, Books on Demand,
2001, S. 70.