Harun Dolfs
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Gedichte
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der
Reimwörter
Frühe Schüttelreime
Harun Dolfs
Erich
Mühsam
Schüttelreimregister
(H.
Dolfs, E. Mühsam)
Die Schüttelgedichte von Harun Dolfs werden hier zur Feier
der
hundertsten Wiederkehr ihres Erstdrucks neu vorgelegt. »1896«, schreibt
Manfred
Hanke in seinem Buch Die Schüttelreimer (Stuttgart 1968), »als
noch der
hurtige Allgemeine Deutsche Reimverein mit seinen Almanachen
Schüttelreime in
die Welt setzte, erschien in Berlin auch schon die erste Einzelschrift.
…
Der Verfasser nannte sich Harun Dolfs – ganz offensichtlich ein
Pseudonym;
wer dahintersteckte, blieb im Dunkeln. Die Gedichte waren höchst
beachtenswert.
Hier bewies jemand – bei langem Atem – Formtalent und investierte
Geist und Witz«.
Wer war Harun Dolfs? Die folgende Antwort wird zeigen, daß
diese Frage falsch gestellt ist. Sie müßte
lauten:
Wer waren Harun Dolfs? Manfred Hanke hat die Wahrheit ermittelt: »Als
Wendelin Überzwerch 1935 seine erste
Schüttelreim-Anthologie
niedergeschrieben hatte und ihr im letzten Satz des großen Vorworts
stolz die
Anmerkung mitgab, sie erhebe ‘immerhin den Anspruch, das erste Buch der
Weltliteratur mit Schüttelreimen zu sein’, ahnte er nicht, welches
Ungemach, zwiefach gar, ihm zu widerfahren begann. Zunächst belehrten
ihn
bibliophile Sachkenner aus dem Lande draußen, daß
sich dieser Anspruch nicht aufrechterhalten lasse. Nun, der Meister
berichtigte
sich alsbald und stellte vor allem Harun Dolfs als einen seiner
Vorläufer
gehörig lobend und mit guten Proben vor, sah sich jedoch außerstande,
das
Pseudonym zu lüften. Daß sich aus Harun
Dolfs leicht
Hans Rudolf oder Rudolf Hans anagrammieren
ließ, half
auch nicht recht weiter. Die Frage mußte
offenbleiben; keiner der Informanten konnte Überzwerch
beistehen; auch die deutschen Pseudonymen-Lexika schwiegen sich aus. Es
ist nun
an der Zeit, endlich für Aufklärung zu sorgen. Emsige Ausschau und ein Quentchen Chronistenglück, das dem Zufall
ähnelt, brachten
ans Licht, daß hinter Harun Dolfs zwei
Schüttelreimer steckten, kaum fünfundzwanzig Jahre alt: die Vettern
zweiten
Grades Dr.-Ing. Rudolf Skutsch,
nachmaliger Professor
an den Technischen Hochschulen Braunschweig und Berlin-Charlottenburg
und
Beamter preußischer Baubehörden, in Berlin ansässig, und der ein Jahr
jüngere
Chemiker Dr. phil. Hans Gradenwitz, wohnhaft zu Hamburg, beide aus
alten
schlesischen jüdischen Familien stammend. Sie waren verwandt mit den
Familien Frankel und Pinkus,
deren
prominentester Vertreter, der Gerhart-Hauptmann-Freund Max Pinkus,
einmal eine der schönsten deutschen Privatbibliotheken sein eigen
genannt
hatte«.
Ein erster, formaler Anlaß für diese
Neuausgabe liegt
auf der Hand: Das Büchlein ist heute so gut wie verschollen. In den
großen
öffentlichen Bibliotheken kann nur noch die Bayerische Staatsbibliothek
München
ein Exemplar nachweisen; Fehlanzeige in der Deutschen Bücherei in
Leipzig und
in der Staatsbibliothek in Berlin. Merkwürdigerweise, denn bereits 1897
war
eine zweite Auflage nötig geworden. Zwar sind viele Texte später an
anderer
Stelle wieder abgedruckt worden. So hat Wendelin Überzwerch
in seinem Bändchen Reimchen, Reimchen, schüttle dich! neben vielen Zwei-
und
Vierzeilern alle längeren Gedichte gebracht, und Manfred Hanke
eröffnete seine
Sammlung Die schönsten Schüttelgedichte mit Stücken daraus.
Aber nicht
nur Wendelin Überzwerchs Titel von 1936
ist längst
vergriffen, auch Hankes Buch von 1967 ist
schon lange
nicht mehr lieferbar.
Ein zweiter, inhaltlicher Grund jedoch ist ungleich wichtiger: die
bemerkenswerte Qualität vieler dieser Gedichte. »Diese famosen
Nachdichtungen«,
so Manfred Hanke, »etwa auch die auf den König von Thule, sind der
reizvollste
Bestandteil des Bändchens von 40 Seiten, … «.
Denn, kann man ergänzen, das nur äußerlich dünne Heft macht durch die
Tatsache
auf sich aufmerksam, daß die beiden
Verfasser alle
möglichen Arten von Literatur im Sinne von Heinrich Seidel (alias
Johannes Köhnke) travestiert und parodiert
haben. Sie müssen, trotz
ihres jugendlichen Alters, eine umfassende Literatur- und
Geschichtskenntnis
gehabt haben, so daß die Vielfalt erstaunt
zu
registrieren ist, die sie in Schüttelgedichte gebracht haben.
Die Vier Temperamente beispielsweise, die auf Hippokrates und
Galen
zurückgehen, sind ebenso Gegenstand ihrer Schüttellust wie die Sieben
Todsünden
als theologisches Thema. Weder Odysseus noch Brutus
werden
ausgelassen. Die griechische Sage von Arion
wird so liebevoll umfassend geschüttelt wie Goethes König von Thule,
wobei der Becher durch einen Hut ersetzt wird, oder Schillers Taucher,
in dem statt des Bechers gleich die Königstochter versprochen wird, die
der
Knappe dann, das Gute siegt, auch erhält. An Moritatensängerei
erinnert die traurige Geschichte von Hans und Kätchen.
Daß den beiden kenntnisreichen Verfassern
auch die
Sonettform nicht unbekannt war, zeigt sich an Donna Laura.
Dieses
Gedicht, dessen Titel sich deutlich auf Petrarca (Monna
Laura) bezieht zeigt, wie gut die Vettern es verstanden haben, hohe
Kulturgüter im Schüttelreim zu parodieren. Von Petrarcas strengen Sonnett-Regeln bleibt nur die Form des Vierzehnzeilers
übrig, Versfuß und Reimschema werden jedoch großzügig durch den Nibelungenvers ersetzt (aber in dieser Beziehung
war auch
Shakespeare schon lockerer als Petrarca). Das Ergebnis ist ein
Schüttelgedicht
eigener Güte. Auf die Spitze getrieben wird das Ganze schließlich
dadurch, daß der Inhalt dieser Sonnett-Parodie
im Doppelmord-Vers auf vier Zeilen komprimiert wird, wo die Vettern
schrieben:
Weil die beiden Moppel dort
Gar so gräßlich
zwiegesungen,
Hat durch einen Doppelmord
Man zum Schweigen sie gezwungen.
Ein Nachklang dieser Verse sei nicht unerwähnt gelassen. Hanke
schreibt: „Just
diese bildschönen Reime hat 1928 ein geistlicher Herr einmal der Muttersprache,
der Zeitschrift des Deutschen Sprachvereins, zum Abdruck eingesandt,
als dort
die Wiedergabe geschüttelter Einfälle im Schwange war. Von Harun Dolfs
aus
Hamburg, also der Gradenwitz-Hälfte, kam, ganz sanft, die entsprechende
Berichtigung. Die Vettern haben, wie sich die Familien mit Wohlgefallen
und
Stolz noch erinnern, ihr Leben lang vergnüglich weitergeschüttelt. Doch
nur
weniges gelangte, in Zeitschriften, noch in die Öffentlichkeit. 1Skutsch
starb 1929, sein Vetter Gradenwitz 1932. Ihre Gedichte sind frisch wie
am
ersten Tag«.
»Frisch wie am ersten Tag« – dem kann man auch heute nichts hinzufügen.
Der Herausgeber ist dankbar für Hinweise auf weitere literarische oder
geschichtliche Bezüge. Viel Spaß bei der Lektüre der folgenden Denk-,
Sprach-
und Reim-Virtuositäten zu wünschen will er sich versagen – dieser
stellt
sich gewiß von selbst ein.
Reiner Scholz
1
Einige dieser Gedichte aus der Muttersprache sind im Anhang (S. 51)
abgedruckt.
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Einleitung
Sanft, harmlos und verletzend keine Seele
Fließt Schütteldichters Lied durch seine Kehle;
Drum wer die Schüttelreime gut bemeistert,
Dem wir stets Lob im Hörerkranze tönen,
Von seinem wahren Dichtermut begeistert,
Wird ihn der Musen Schar im Tanze krönen.
So haben wir, des Dichtergaules Meister,
Heraufbeschworen uns’res Maules Geister
Und wollen Euch Gedichte schüttelnd reichen
Und kunstvoll aneinander Reime ketten,
Die von der Stirn den Ernst Euch rüttelnd scheuchen
Und Euch vor jedem Trübsalskeime retten.
Es wird vom Herzen alle Rinde weichen,
Wenn wir Euch uns’re Versgewinde reichen;
Ihr werdet uns in jeder Richtung danken,
Laut preisend unseres Verstandes Werke,
Hört Ihr empor sich uns’re Dichtung
ranken,
Bewältigt von des Reimgewandes Stärke.
Dem Gaule geben wir die Sporen itzt,
Drum, güt’ge Leser, Eure Ohren spitzt.
Ritter Kuno
von Schreckenstein
Eine Romanze
Abwärts gebeugt, die Hand am Hosenriegel,
Saß Ritter Kuno ohne Hut und Mütze,
Nachdenklich hinter einem Rosenhügel,
Da stürmt der Feind heran voll Mut und Hitze.
Es wurde in die Flucht der Troß
geschlagen,
Kaum konnte Kuno man den Rücken decken,
Zu Tode wund ward er aufs Schloß getragen,
Dann war’s zu Ende mit dem dicken Recken.
Nun wollt’ vorm Feinde sich der Haufen retten,
Doch, da Herrn Kunos kluge Schlachtgenossen
Nicht wußten,
was sie noch
zu raufen hätten,
Ward Friede noch in selb’ger Nacht
geschlossen.
Willst Du mit Eifer nach der Tugend jagen,
So bleibt Dir manche schwere Last zu heben,
Drum meid es schon in Deiner Jugend Tagen
Vergnügungssüchtig voller Hast zu leben.
Der Tod streckt seine Winterhand
Durch Vorder- und durch Hinterwand.
Verschmäht von seiner stolzen Schönen
Hört man sogar den Scholzen stöhnen.
Phlegmatico kann’s
in die Suppe schnei’n
Es wird ihm, glaub’ ich ziemlich schnuppe sein;
Du hörst ihn nie sich um vergebne Liebe
härmen
Und niemals auch um ihm erteilte Hiebe lärmen.
Sanguiniker sich nur um Scherze kümmert,
Weil stets ihm noch der Hoffnung Kerze schimmert,
Er wird sich niemals um des Glücks Galoschen grämen,
Denn Frohsinn kann ihm nicht der letzte Groschen lähmen.
Fehlt es dem armen Nächsten ‘mal an
warmen
Beinen,
Muß Melancholikus
gleich
vor Erbarmen weinen.
Dies wäre ja soweit ganz schön und seelenvoll,
Wär’ nicht sein Hauptwunsch, daß ihm
selbst
nichts fehlen soll.
Ein Nichts kann den Choleriker aus seiner Ruhe scheuchen,
Mag ihm die Magd nur wen’ger gut geputzte
Schuhe
reichen,
Ja, hört er einen Unbefugten nur im Stalle geigen,
So wird ihm gleich ganz fürchterlich ins
Blut die
Galle steigen.
Der Fischer voller schnöder Kälte
ins Wasser seinen Köder schnellte,
Da hat ihn der Gendarm bei seinen Lenden fassen
Und wegen unbefugten Fischens pfänden lassen.
Der Jüngling
Ein Jüngling, der von je sehr eitel schien,
Sprach einst zu Meister: „Sieh den Rochen, Knaus!
Nicht wahr? die Fische kann ich prächtig malen?“
Der maß vom Fuße bis zum Scheitel ihn.
„Dem Tierchen steh’n ja alle Knochen
‘raus!
Ich glaube gar, Du kannst nur mächtig prahlen.“
Zuweilen selbst der König wimmert,
Den doch fürwahr nur wenig kümmert.
Die Wahrheit wird nicht minder kund
Durch Narren- wie durch Kindermund.
Mancher muß den Sieg beim
Bundesschießen
Durch Gewinn des ärgsten Schundes büßen.
Nach ihres Liebsten Wunsche noch mit leichenblassen
Und eingefallnen Wangen jene Buhle that,
Die, als der grause Tod sie thät
erbleichen lassen,
Noch um ein Souvenir der Herr von Thule bat
Getreu bis in den Tod sah man den hehren Alten
Den ihm geschenkten Hut in Ehren halten.
Nie setzt’ er ohne ganz besond’re
Rührungszeichen
Auf seinen weißen Schädel den verzierungsreichen.
Und als das Schicksal endlich ließ den Alten sterben,
Da ließ er alles seinen wohlbestallten Erben;
Erlaubte ihnen auch an seinem Herd zu walten
Doch ohne sie des Huts, des schönen, wert zu halten.
Zum letzten Male hat im hohen Saal gemessen
Im Schloß am Meer der Greis zum
Krönungsmahl
gesessen,
Zum letzten Male trank des Weines Naß er
wieder
Und warf den Hut darauf ins kühle Wasser nieder.
Schreckvoll der Mannen Schrei nach seinem Hute gellt
Und lächelnd schließt das Aug’ der treue gute Held.
Sehr Verehrte,
Ehrversehrte
Ingeborg!
Eifersucht
Sei verrucht,
Bin Georg. ––
Der hinter diesem Gitter ruht,
Besaß ein schönes Rittergut.
Die heut als Dämchen auf dem Ball knicksen
Die spielten gestern noch mit Knallbüchsen!
Der Meister nach dem Jungen kräftig heischt
Und um sich wütend mit der Klingel schlug,
Hört nur wie voller Wut er heftig kreischt:
„Ein and’rer werde aus dem Schlingel klug,
Ich werde mir den dummen Lümmel kaufen
Und ihm den Rücken, den schon striemenreichen,
Noch kräftiger einmal mit dem Riemen streichen.
Der Junge sollte nur nach Kümmel laufen,
Den ich zur Magenstärkung trinken wollte,
Schon lange er sich auf mein Winken trollte.
Er labt gewiß voll frechem Raubgelüste
An Nüssen sich in Nachbars Laubgerüste.
Verdient er nicht den Haselstecken eher?
Er quatscht auch wohl mit einem Eckensteher.“
Ein Knabe kam, der gar nicht ohne schien
„O lieber, lieber Meister, schone ihn.
Sieh, wie den Blick er flehend schon gesenket,
Die Strafe sei dem Pflegesohn geschenket.
Ich will ihn nicht als Tugendspiegel preisen,
Doch was erreicht man denn mit Prügelspeisen?“
Doch nein! mit einem Stücke Kreide haut
Der Meister, der doch sonst so edel schien,
Mit aller Kraft auf seinen Schädel ihn.
Tot sank der Junge hin ins Heidekraut! –
Der Meister aber ist zur See geflohn,
Weil er erschlug den eignen Pflegesohn.
Im März schon schleift der Schleifer meist
Das, was er erst im Mai verschleißt.
Käse ist ein Magenschluß,
Der jeden andern schlagen muß.
Auf Deinen Geist befürchte schlechten Schein zu werfen,
Versuchst Du ihn vor einem Toast mit Wein zu schärfen.
Geckenhaftigkeit
Wer mit scheinbar todesmut’gen Blicken
Hinter alle Hecken gafft
Und zusammenschrickt vor blut’gen Mücken,
Scheint mir dumm und geckenhaft.
Mehr als Unerschrockenheit
Der, der’s, erkältet, würde schläuer finden,
Zu schwitzen an des Ätna Feuerschlünden,
Anstatt nach warmen Socken nur zu schrei’n,
Scheint mehr als unerschrocken nur zu sein.
Der Taucher
„Soldaten ihr und Generale mein!
Die Schale hier, die reiche, ciselierte,
Die mit den schönsten Genremalerei’n
Jüngst meine ältste Tochter Liese zierte,
Als ihre Schwestern ob dem Weben lagen,
Gehör dem, der drum will sein Leben wagen.
Sie werf’ ins Meer ich, das dort brandet
laut
Und Liese sei des, der sie wiederbringt
Und mit der Schale glücklich landet, Braut,
Wenn froh der Jubel ihm der Brüder winkt.
Sie soll fürwahr mit salzig nassen Lippen
Den ersten Bräut’gamskuß ihn lassen
nippen.
Wer ohn’ Erfolg, doch drum nicht minder
kühn
Sein Leben anvertraut dem wilden Meer,
– Hier gilt’s, ihr seht’s
ja, keine Kindermüh’n –
Versagt dem wohl die Hand der Milden wär,
Doch darf zur Tafel er die Schwestern führen,
Ich schwör’s – nie schwur man was mit festern Schwüren.“
Er sprach’s und stille ward’s
im lauten Kreis,
Am Kopf sich Ritter krauten leis.
Man sprach: „Der Preis ist wohl des Schweißes wert,
Gefahren würd’ darum ich sicher laufen.
Vor Feindblut rot wär’ bald mein weißes Schwert!
Wer aber möcht’ elendiglich ersaufen?
Wie Ätnas Krater, seht nur, kocht er tosend.
Wer dieses wagt, freit nie die Tochter kosend.
Wenn Majestät uns doch nur sagen wollte,
Wer von uns hier das Wagnis wagen sollte.“
Kurz, Liese sah ins Meer kein Rudel springen,
Nein, keinen sah sie mit dem Sprudel ringen.
Darum auf ihres Vaters feinen Wink
Sie plötzlich schmerzlich an zu weinen fing,
Als zu der ritterlichen Stöhner Schand’,
Das Haar gescheitelt und den Bart gezogen,
Vor ihr ein Jüngling jetzt, ein schöner,
stand,
Die edle, feine Nase zart gebogen.
Der sprach: „Das hat mir niemand weisgesagt,
Wo ich um dich so lange still geworben,
Jedoch für dich, Geliebte, sei’s gewagt,
Für dich, wenn es das Schicksal will, gestorben.
Nun wird es tief sich im Cyklon
entscheiden,
Ob Liese – doch ich muß mich schon
entkleiden.“
Verwundert schau’n ihn Frau’n
und Mädel an,
Denn nackend sah er aus wie’n Edelmann.
Schon verschlingt ihn der alles verzehrend Gischt
Und das Meer wie der Wein, der gährende,
zischt,
Wie wenn Wasser und Feuer sich mengt
Und der Sturm am Gemäuer sich fängt.
Und der König starrt in des Teiches Glut
Und die liebliche Tochter ein gleiches thut.
Wenn der Jüngling für immer verschwunden wär’,
Für den die Tochter so heiß geschwärmt,
Die Ärmste hätt’ es verwunden schwer,
Hätt’ gar um ihn sich in Schweiß gehärmt;
Wenn tot der, den sie so sehr geliebt,
Hätt’ sie von Thränen sich leer gesiebt.
Und das Meer wie der Wein, der gährende,
zischt,
Wie wenn Wasser und Feuer sich mengt
Und der Sturm am Gemäuer sich fängt.
Und wieder bringt ihn der zehrende Gischt.
Und liebend sie sich zum Gestade beugt,
Als jener aus dem kalten Bade steigt.
Die Schal’ er freudig in der Linken wiegt
Und Liebeswonn’ in seinem Winken liegt.
Und seinen Thränen nicht der König wehrt,
An seine Ritter er sich wenig kehrt.
„Ich dacht’, ich hätt’ verlernt das Beben lang,
Seit ich im letzten Krieg, dem heißen, war,
Doch war mir wirklich um Ihr Leben bang
Verzeihen Sie schon meinem weißen Haar.
Erzähl’n Sie nun genau und tadelsohne,
Was Sie geseh’n auf dem abscheul’chen
Grund.“
Der Jüngling sprach im echten Adelstone:
„O Herr, ich sah fürwahr nur gräul’chen
Schund,
Indes, um mich nicht ohne Sinn zu hetzen,
Wünscht’ ich mich doch ein bißchen
hinzusetzen,
Wie wär’s, wenn Sie mir einen Bittern reichten?
Dann will ich Ihnen und den Rittern beichten.“
Der König rief: „He, Mundschenk, trabe lang
Zum Schloß und hole einen Labetrank!“
Sobald ihn nun gelabt der runde Mann,
Die Rede von des Jünglings Munde rann:
„Ich that gerade in die Wellen sinken
Und hörte noch die Kampfgesellen winken,
Da hab’ ich einen Hai schon abgeschlachtet,
Der mich wahrscheinlich für zu schlapp geachtet;
Dann wies vom Pfahl ein Molch die Zähne mir
Und wollt’ entreißen mir der Mähne Zier,
Allein viel schneller als der Molch gedacht,
Hab’ ich den Garaus ihm per Dolch gemacht,
Wobei ich mich zwar stark am Pfahle schund,
Doch tröstete mich bald der Schale Fund.
Schön war es nicht gerad’ unten, wie gesagt,
Es war mir so, als ob ich in Trümmer schaute.
Ich hab’s, Prinzessin, nur für Sie gewagt,
Stets lockt’ mich Ihrer Augen Schimmer, Traute!“
Zum jungen Mann sich nun der König wandte:
„Obgleich ich Sie bisher nur wenig kannte,
Will ich mit einer Grafschaft Sie belehnen,
Nochmal soll’n Sie ins kalte Wasser nicht,
Zum Lohn für Ihrer treuen Liebe Sehnen,
Sind Sie mein Schwiegersohn, Sie nasser Wicht!“
Willst Du, daß Deiner Rede Strom
fortwalle,
Verhüte, daß man Dir ins Wort falle.
Ärgert Dich ‘mal ein dummer Koch,
Denk’: „Jeder hat seinen Kummer doch!“
Mußt nie an zu weinen fangen,
Thränen schaden feinen Wangen!
Weil die beiden Moppel dort
Gar so gräßlich
zwiegesungen,
Hat durch einen Doppelmord
Man zum Schweigen sie gezwungen.
Ballkonversation
„Sie tanzen ja heut abend wie’n
Stück Blei, Thereschen,
Ich darf Sie wohl zu Ihrem Platz zurückbegleiten?“
„Das würde mir sogar das höchste Glück bereiten,
Ich hab’ am linken Fuß ein schmerzhaft Eiterbläschen.“
Idyll
Und müßt ich sein in einem fernen Thal
Ein ganz bescheidener Laternenpfahl,
O glaube nicht, daß
ich der Süßen grollte.
Dürft’ ich nur an des Bächleins Krümmung stehn,
Wo selbst die Hähne früh voll Stimmung krähn,
Als ob ihr Kikriki
sie grüßen sollte.
Sinkt dann der Tag in neblig Dämmerlicht,
Und zieh’n des Himmels Wolkenlämmer dicht
Vorbei an Lunas
silberblauer Scheiben,
Ersetzt die Abendstille lauten Trieb
Des Tags, dann sollte meinem trauten Lieb
Auch
nicht der allerkleinste Schauer bleiben.
Dann leuchtet’ ich, wo meine Liebe wohnt,
Und fühlte mich, ich weiß nicht wie, belohnt,
Wenn
sie geängstet von den fahlen Streifen
Des düstern Himmels über’m feuchten
Land
Erwünschten Trost in meinem Leuchten fand,
Ließ andre gern auf
meine
Strahlen pfeifen. –
Um sein fachmäßig Urteil über Dein Store zu fällen,
Braucht sich der Tapezier Dir nicht erst vorzustellen.
Solche Leute, die am Magen leiden,
Müssen unbequeme Lagen meiden.
Schon manchem armen Tropf es allen Kummer nahm,
Wenn an der Trommel seines Loses Nummer kam.
Und hat er den Gewinn dann erst abheben lassen,
Wird er fürs erste auch nicht mehr das Leben hassen
Litterarische Rückblicke
Das Lied ist fast schon an der Spree verklungen,
Es hat ein Lamm sich in den Klee gewagt,
Doch als es sich ein Bein im Klee versprungen,
Da hat es ganz vergebens wehgeklagt.
Zu spät
Zwar hielt mit ganz präzisem Ruck
Urplötzlich an der Riesenzug,
Doch als der Staub sich unterhalb des letzten Wagens klärte,
Da fand man tot in ihrem Blute die Beklagenswerte.
1. Wollust
O weh der Heuchler, die gleich geilen Affen,
Fast fähig schon durch ihren Blick zu schänden
Nach Dirnen, die vorübereilen, gaffen,
Wenn sie’s
verstehen,
durch ihren Chic zu blenden.
Sie freuen in der Sinne tollen Räuschen
Sich gerne an der Mädchenglieder Weiße,
Nicht kann ihr Blick in ihren Rollen täuschen,
Ob er auch frömmelnd immer wieder gleiße.
Im Pfuhl des Lasters, meiner Treu, versinkt
Jedweder ein, der wie ein Säufer trinkt,
Und stets die Welt nur den als nüchtern schätzt
Der seine Lippen möglichst schüchtern netzt.
Auch Du, anstatt des Maßes Schein zu wahren,
Liebst es, oft Freunde um den Wein zu scharen,
Drum wird man Dich gewiß als Lumpen
hassen,
Kannst Du nicht allsogleich vom Humpen
lassen.
O Kinder, weichet von der vollen Wahrheit
Doch niemals auch nur um ein einzig Haar weit.
Nicht kann es heben Eure Leiden oder mindern,
Könnt Ihr durch Lügen Strafen meiden oder
lindern.
Wenn Ihr auch heut bei Eures Vaters Schelten weint,
Wißt! Ihr verschmerzt die härtste
Rüge leicht,
Wenn hell die Sonne über alle Welten scheint;
Bis an den Tod jedoch die Frucht der Lüge reicht.
Fürwahr, es muß gewissen Stolz der Gute
haben,
Jedoch wem ekelt nicht vor der hochmüt’gen
Gans,
Die dick thut, weil zu einem neuen Hute
gaben
Die Mittel ihr die Launen ihres güt’gen
Manns.
Oft hat sie sich mit teuren Dingen laut gebrüstet,
Wonach umsonst des armen Mannes Braut gelüstet,
Und einen Platz, wo eine arme Frau gesessen,
Den meidet sie, als hätte dort ‘ne Sau
gefressen.
Wenn auch Dein Nachbar reicher ist an weißen Hühnern,
Und es ihm abends niemals fehlt an heißen Wienern,
Da Gold ihm strotzt in wohlgefüllten Dattelsäcken
Und silbern glänzen ihm der Pferde Satteldecken,
Und Du durch den Verkauf von alten Flintentaschen
Dich kümmerlich ernährst, sowie von Tintenflaschen,
Dein Weib im Winter gar mit Grogk und
heißen Mandeln
In schmutz’gen Straßen muß
im alten Meißen handeln,
Und Ihr doch hungrig sitzet oft vor leeren Tassen:
Du mußt Dich nie, o Freund, vom Neid
betören lassen,
Denn Deine besten Kräfte kann der Neid Dir lähmen
Und wird doch nicht das allerkleinste Leid dir nehmen.
O Freund, ein jeder sündigt, welcher zorngebogen
Durch Straßen, Plätze oder Hallen wandelt
und unbedacht im Zorneswallen handelt,
Viel schweres Leid ward schon aus diesem Born gezogen
Denn Menschen, welche voller Unverzagen
tollen,
Vor Wut und rasend wie die Lümmel toben,
Wird man vielleicht im Schlachtgetümmel loben,
Doch ihnen Tadel stets in ruh’gen Tagen
zollen.
Ein großes Laster ist der Rabengeiz,
Der leider sehr der Sünder Zahl vermehrt.
Wer selber nur ein karges Mahl verzehrt
Der kennet nicht wohltät’gen Gabenreiz.
O Thor, der bei der Glocke Klang Du bebst,
Wenn Dich auch and’re Menschen glauben
reich,
Sie werden Dich doch nicht berauben gleich,
Der gierig an dem Gelde bang Du klebst.
Willst Du nicht viel von Mücken leiden,
Mußt Du im Kleide Lücken meiden.
Mancher Kaufmann eine Robe preist,
Welche bei der ersten Probe reißt.
Wer heute noch so froh als Erdenbürger wallt,
Den holt der Tod, der arge Würger, bald.
Gastrologisches
Ich könnte an des Kaisers Reit- und Wagenpferden
Zur Zeit der Not vielleicht zum Hippophagen
werden,
Doch um der zweiten Droschkenklasse Schindermähren,
Würd’ ich sogar mich dann noch minder scheren.
Erfolglose Kur
Daß er die Schmerzen aus der Wade banne,
Bestieg er schnell die heiße Badewanne,
Doch konnte er sie leider bannen weder,
Noch auch nur lindern durch die Wannenbäder.
Hochzeitssegenswunsch
Es mög’ der Himmel stets Euch seinen
Segen weih’n
Und lauter Glück und Lust auf Euren Wegen sein.
Mög’ stets vorbei an Euch des Trugs
Geflimmer zieh’n
Und jedes Unglück Euch und Eure Zimmer flieh’n.
Mög’ Euch Fortunas holdes Sternlein
scheinen
immer,
Das so viel Leuten, ach! gönnt auch nicht einen Schimmer.
Auch wünsch’ ich, daß jedweder Wind nur
segenvoll
Von Eurer Stirne allen Kummer fegen soll.
Daß wohlgesinnt und freundlich stets die
Lüfte
denken,
Wie sie zu Euch nur lieblich holde Düfte
lenken.
Daß Euer Glück Euch nicht die hohen Mächte
neiden,
Daß Euren Schlaf unruhig finstre Nächte
meiden.
Daß stets vorbei an Euch der Sorgen
Flitterzug
Euch nie berühr’, nie treff’ in seinem
Zitterflug.
Nur wenn die Parzen Euch solch glücklich Leben woben,
Kann ich fürwahr ihr wohlgefällig Weben loben.
Dann wird, das muß ja wohl ein jeder sehen
ein,
Die Eure auch die glücklichste der Ehen sein.
Verwendet der Barbier zu kleine Becken,
Wird er Dir öfter auf die Beine klecken.
Gegen Grubenwetterbrände
Helfen keine Bretterwände.
Wenn noch die Morgenröte auf Berg und Hügel flackt,
Die edle Donna Laura schon auf dem Flügel hackt.
Der Ausdruck ihres Spieles ist hehr und prächtig meist,
Als ob das ganze Weltall den Schöpfer mächtig preist.
Begeist’rungsvolles Feuer in ihrem Klimpern
webt,
Doch auch der Rührung Thräne an ihren
Wimpern klebt.
Erst spielt sie grause Weisen, wo sie vor Wut erbleicht,
Bis endlich voller Wehmut sich mild ihr Blut erweicht.
Und schluchzend unter Thränen ein Lied sie
brausend
singt,
Das der Gefühle höchstes zum Ausdruck sausend bringt.
Ihr ist’s als ob ein Engel sich in das
Zimmer
neigt. –
Ein Engel, Donna Laura, sich dir wohl nimmer zeigt!
Es ist der Wirt, der rufet: „Zu lang die Schonung währt,
Daß ihr mir ja zum Ersten euch aus der
Wohnung
schert!“
Wo die Sirenen auf den Inseln weilen,
Da mußt das Ohr Dir voller Wachs Du
streichen,
Schnell mußt vorbei an ihrem Winseln
eilen,
Und aus der Meeresgegend stracks Du weichen,
Denn leget dort einmal Dein Dampfer an,
Liegst tot Du bald im Sauerampfer dann.
Flattersucht
Wer daran, was er gestern liebt,
Heut sucht, ob’s nichts zu lästern giebt,
Und auf die Speis als Satter flucht,
der leidet an der Flattersucht.
„Ich liebe dich gewiß nicht minder,
Käthchen,
Wie der Soldat sein dralles Kindermädchen,
Der edle Don Ramiro seine Klara,
Der alte Abraham die kleine Sarah,
Ich liebt’ und liebe, glaube mir, kein Mädchen
Und werde nie eins lieben wie mein Käthchen.
Nicht können solche heft’gen Triebe lügen,
Nicht kann so brennend heiße Liebe trügen.“
Sprach Hans im Frühling, Liebesschmerzen heuchelnd,
Und Käthchens unerfahr’nem Herzen
schmeichelnd.
Doch als im Herbst der Wind die Saaten rollte
Und er sein Käthchen nun heiraten sollte,
Preist er der Freundin gleiche Triebe laut,
Und sieh, auch Gretchen seiner Liebe traut.
Und die, nicht ahnend, daß sich Käthchen
gräme,
Wenn sie erführ’,
daß Hans zu Gretchen käme,
Schrieb ihr: „Beneid mein Glück, o meine
Schwester!
Nie wird mehr eins von meinen Schweinen mager,
Denn mich liebt Hans, der gute Schweinemäster,
Bald nenn’ ich seinen Bruder meinen Schwager.“
Als diesen Brief das arme Weib gelesen,
Ist plötzlich kalt ihr ganzer Leib gewesen
Die Nerven all sich ihr zu Knoten ballen,
Kopfüber thut sie jach
zu
Boden knallen,
Wo Schmerz und Gram ihr rasch das Leben raubten.
Eh’ sich auf ihrem Grab die Reben laubten,
That Hans herbei die alten Triebe sehnen
Und mit den heißen Zähren sie bethränen.
„O Käthchen, könntest du mir wieder leben,
Um die ich einst so heiß im Sturm geworben,
Ich würde dir die schönsten Lieder weben!“
Vor Reue ist der arme Wurm gestorben.
Vorarbeiters Verzweiflungsschrei
Ist es nur ein krasser Wahn
Oder streicht das Lumpenpack
Diesen neuen Wasserkrahn
Mit dem alten Pumpenlack??
Auf die Schlacht bei Fehrbellin
Geschlagen am 18. Juni 1675 durch den Generalfeldmarschall Derfflinger, einen früheren Schneidermeister
Ei
der schnellen
Schneiderellen.
G. J. Caesar
Du „Brutus“ gabst den ärgsten Stich,
Denn den empfand am stärksten ich.
In längstvergang’nen Glückes sel’gen Zeiten,
Als noch auf Erden dunkle Schleier lagen,
Hört’ man Arion auf unzähl’gen
Saiten
Sehr kunstvoll seine goldne Leier
schlagen.
Wie hoch stand über all den kleinen Stümpern
Der lesens-, druckens-, ja verlegenswerte!
Hört’ man ihn doch vor toten Steinen klimpern,
Die er die Kunst des sich Bewegens lehrte.
Die Leier hatt’ in seinen Händen Leben,
Doch da zu Haus er nichts zu lernen fand,
That nach Tarent er seine Lenden heben
Und gern empfing man ihn im fernen Land.
Man überreicht ihm viele holde Gaben
Zum Lohn für seines Munds Sirenensang;
Doch, konnt’ er noch so viel von Golde
haben,
Nach seiner Heimat stets sein Sehnen rang
Drum, als einstmalen in der Brandungslücke
Ein stolzes Schiff er sah geschäftig halten,
Stieg schnell hinauf er von der Landungsbrücke,
Trotzdem ihn seine Freunde heftig schalten.
An Bord sah staunend er, legendenhaft,
Die bärt’gen Schiffer sich am Knaster laben,
Doch bald das Volk nach seinen Händen gafft,
Der Ringe Gold verlockt die Lasterknaben.
Als sie nun aus dem Hafen reisten munter,
Von Passagieren sie ‘ne Menge hatten,
Doch stiegen unterwegs die meisten runter
Und hinterließen leere Hängematten.
Erfreut das Schiffsvolk nun auf Wege sann,
Arion zu befrei’n
von
seinen Schätzen,
Und als das Schiff die hohe See gewann,
Sah man den Plan sie ins Erscheinen setzen.
Man hört sie heftig mit dem Sänger streiten,
Und der, als echter Geistesheld ergeben,
Unkundig auch des Tones strenger Saiten,
Läßt ohne weit’res
sie
sein Geld erheben.
Zuerst zwar nur an seinen Warenschätzen
Die freveln Schiffer sich voll Beute laden,
Doch ihre Klingen bald die Scharen wetzen,
Im Blute wollen sich die Leute baden.
Arion wollen sie mit Tosen haschen,
Es blitzen helle schon der Wilden Messer,
Doch er, die Hände in den Hosentaschen,
Starrt feuchten Auges in die milden Wässer.
Und seine Lippen Wehmutstriebe lösten,
Und sein Gesang tönt’ süß wie Honigseim:
„Wer wird die Mutter mir, die liebe, trösten,
Sie grämt sich scheußlich, kehrt ihr Sohn nicht heim.
Dazu verhalf mir nun das weise Sparen,
So jung schon meinen Schwanensang zu
leimen,
Ich nahm mir mit für Wochen Speisewaren
Und soll nun sterben ohne lang zu säumen.“
Und siehe, als des Liedes Stimmen schwiegen,
Sieht er im Meer sich Fische länglich bauschen;
Delphine sind’s, die auf im Schwimmen
stiegen,
Und seinem Trauersange bänglich lauschen.
Voll Freuden sieht’s der Sängergilde
Meister
Und jauchzet ob der neuen Wendung Segen
Und preiset laut der Götter milde Geister
Um dieser hochwillkomm’nen Sendung wegen.
Doch Wutgeheule that sein Baß
erwecken,
Ein Schiffer, schadenfroh und rachesüchtig,
Rief: „Werft ihn rasch hinein ins Wasserbecken!
Ein kräft’ger Tritt, und macht die Sache
richtig!
Oft that er aus der Ruh’ die Schläfer
singen,
Drum rasch den Burschen über Bord gekullert;
Ihn soll sogleich die wilde See verschlingen,
Noch eh’ er seinen Schlußakkord
gebullert!“
Die Hände nach ihm aus das Rudel streckte,
Hoch flog der Sänger durch die graue Luft,
Den Hals er ängstlich aus den Strudel reckte
Und sank dann tiefer in die laue Gruft. –
Des Schiffes Segel munt’re Winde
schwellen,
Schon ist es in der Ferne kaum zu schau’n,
Pfeilschnell entführen es geschwinde Wellen: –
Arion scheint verzweifelt Schaum zu kau’n.
Und klagend seiner Stimme Hauch erbebt:
„Soll ich denn sterben in so krasser Weise?“
Und aus den Wellen seinen Bauch er hebt
Und schaut sich um im weiten Wasserkreise.
„Ha!“, ruft er, Freude im Gesicht, „gelungen!
Ich muß nicht länger mit der Brandung
ringen;
Delphine, die ich an das Licht gesungen,
Ihr müßt mich an des Meers Umrandung
bringen.“
Und siehe, schon setzt er in Reiterweise,
Wie mancher wohl auf feur’gem
Rosse pfleget,
Auf einem Fisch ins Werk die Weiterreise,
Der ganz gewaltig seine Flosse reget. –
Und er, noch kurz vorher so rauh
gebettet,
Er, den die Schiffer unter Leichen wähnen,
Sitzt bald in Perianders Bau, gerettet,
In einem Polsterstuhl mit weichen Lehnen.
Dort ruht vergnügt und froh der güt’ge
Meister
Und liest behaglich Fach- und Witzesblätter.
Doch seiner Feinde übermüt’ge Geister
Verschollen sind in Sturm und Blitzeswetter.
Wenn Euch auch Reuethränen die
Gesichter netzen,
Was durch den Tod verloren, läßt sich
nicht ersetzen.
Manch Schiff, das nie dem Sturm wich,
Erliegt zuletzt dem Wurmstich.
Ganzer Menschheit allgemeine Leiden
Wolle nicht, mein Freund, alleine meiden.
Willst du ‘ne hohe Stimmenzahl
bewirken,
Stell dich zur Wahl in – allen Wahlbezirken.
Verschrobenheit
Wer in einem dunkeln Schachte
Ganz vergnügt an Schunkeln dachte,
Und, ans Licht gehoben, schreit,
Leidet an Verschrobenheit.
Läßt wer zehn Kreuzer nicht als Schulden
gelten,
So kann das wohl so manchem Lumpen passen,
Doch thut er auch nicht um zehn Gulden
schelten,
Werd’ ich mir selber von ihm pumpen lassen.
Was lange währt, wird gut! –
Was lange gährt, wird Wut! –
Schüttelreime von Harun Dolfs aus der Zeitschrift „Muttersprache“
Band 45 (1930) 6, Sp. 239
Der Selbstmörder
Er nahm ein leeres Wasserglas
dann tat in dieses Glas er was.
Und als er‘s wieder leer gemacht
da hat er niemals mehr gelacht.
Das Wunder
Mann über Bord! Am Heck ein Schrei;
ha! ihn verfolgt – o Schreck! ein Hai.
Doch plötzlich – sieh – der Hai erschlafft. –
Wieso, war allen schleierhaft.
Mutterstolz
Indem sie sich das Haar zur Seite strich,
sprach Käte, nur der Pöbel streite sich.
Es hab zwölf Pfund ihr Adolar gewogen,
als er zur Welt kam. – – Doch es war gelogen.
Der Oberprimaner
Bei der Tänz’rinnen bunten Seidenbeinen
fand er‘s verlockender als bei den Seinen.
Das kostete ihn mancher Nächte Schlummer,
und im Examen gab‘s ‘ne
schlechte Nummer.
Hamburg
Harun Dolfs
Jungfrauenthal 35
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Reim |
Seite |
Gegenreim |
abgeschlachtet |
schlapp geachtet |
|
Adelstone |
tadelsohne |
|
ärgsten Stich |
stärksten ich |
|
Alten sterben |
(wohlbe)stallten
Erben |
|
(Sauer)ampfer
dann |
Dampfer an |
|
Bade steigt |
Ge)stade beugt |
|
Badewanne |
Wade banne |
|
bänglich lauschen |
länglich bauschen |
|
Ball knicksen |
Knallbüchsen |
|
bang du klebst |
Klang du bebst |
|
bannen weder |
Wannenbäder |
|
(Er)barmen weinen |
warmen Beinen |
|
Bart gezogen |
zart gebogen |
|
Baß erwecken |
Wasserbecken |
|
Bau gerettet |
rauh gebettet |
|
Bauch er hebt |
Hauch erbebt |
|
Beben lang |
Leben bang |
|
bei den Seinen |
Seidenbeinen |
|
Beine klecken |
kleine Becken |
|
Beute laden |
Leute baden |
|
bin Georg |
Ingeborg |
|
Bittern reichten |
Rittern beichten |
|
blauer Scheiben |
Schauer bleiben |
|
(er)bleichen lassen |
leichenblassen |
|
Blick zu schänden |
Chic zu blenden |
|
Blitzeswetter |
Witzesblätter |
|
Blut erweicht |
Wut erbleicht |
|
blut’gen Mücken |
(todes)mut’gen Blicken |
|
Boden knallen |
Knoten ballen |
|
Bord gekullert |
(Ak)kord gebullert |
|
Born gezogen |
zorngebogen |
|
brandet laut |
landet Braut |
|
Brandung ringen |
(Um)randung
bringen |
|
Brandungslücke |
Landungsbrücke |
|
brausend singt |
sausend bringt |
|
Braut gelüstet |
laut gebrüstet |
|
Bretterwände |
(Gruben)wetterbrände |
|
Reim |
Seite |
Gegenreim |
Brüder winkt |
wieder bringt |
|
(Erden)bürger
wallt |
Würger bald |
|
Buhle tat |
Thule bat |
|
Bundesschießen |
Schundes büßen |
|
ciselierte |
Liese zierte |
|
Dämmerlicht |
Lämmer dicht |
|
Dampfer an |
(Sauer)ampfer
dann |
|
Dattelsäcken |
Satteldecken |
|
Dichtung ranken |
Richtung danken |
|
dicken Recken |
Rücken decken |
|
Dolch gemacht |
Molch gedacht |
|
Doppelmord |
Moppel dort |
|
Düfte lenken |
Lüfte denken |
|
dummer Koch |
Kummer doch |
|
dunkeln Schachte |
Schunkeln dachte |
|
Eckensteher |
(Hasel)stecken eher |
|
edel schien |
Schädel ihn |
|
Edelmann |
Mädel an |
|
Ehen sein |
sehen ein |
|
Ehren halten |
hehren Alten |
|
Ehrversehrte |
sehr verehrte |
|
Ei der schnellen |
Schneiderellen |
|
Eifersucht |
sei verrucht |
|
eilen gaffen |
geilen Affen |
|
einen Schimmer |
scheinen immer |
|
eitel schien |
Scheitel ihn |
|
Eiterbläschen |
Blei Thereschen |
|
(Hippo)phagen werden |
Wagenpferden |
|
fahlen Streifen |
Strahlen pfeifen |
|
fegen soll |
segenvoll |
|
fehlen soll |
seelenvoll |
|
feinen Wangen |
weinen fangen |
|
feinen Wink |
weinen fing |
|
fernen Land |
lernen fand |
|
fernen Tal |
(La)ternenpfahl |
|
festern Schwüren |
Schwestern führen |
|
feuchten Land |
Leuchten fand |
|
Feuer sich mengt |
(Ge)mäuer sich fängt |
|
Feuerschlünden |
schläuer finden |
|
Flattersucht |
Satter flucht |
|
Reim |
Seite |
Gegenreim |
(Ge)flimmer zieh’n |
Zimmer flieh’n |
|
Flintentaschen |
Tintenflaschen |
|
Flitterzug |
Zitterflug |
|
Flosse reget |
Rosse pfleget |
|
Flügel hackt |
Hügel flackt |
|
fortwalle |
Wort falle |
|
Frau gesessen |
Sau gefressen |
|
Gabenreiz |
Rabengeiz |
|
gährende zischt |
(ver)zehrende
Gischt |
|
gährt wird Wut |
währt wird gut |
|
Galle steigen |
Stalle geigen |
|
(Dichter)gaules
Meister |
Maules Geister |
|
geckenhaft |
Hecken gafft |
|
geilen Affen |
eilen gaffen |
|
Geld erheben |
(Geistes)held
ergeben |
|
(le)gendenhaft |
Händen gafft |
|
gestern liebt |
lästern giebt |
|
(Sänger)gilde
Meister |
milde Geister |
|
Gitter ruht |
Rittergut |
|
Glas er was |
Wasserglas |
|
glauben reich |
(be)rauben
gleich |
|
gleiches tut |
Teiches Glut |
|
Glieder weiße |
wieder gleiße |
|
Glück bereiten |
(zu)rückbegleiten |
|
Golde haben |
holde Gaben |
|
gräul’chen Schund |
(ab)scheul’chen
Grund |
|
graue Luft |
laue Gruft |
|
Gretchen käme |
Käthchen gräme |
|
Groschen lähmen |
(Ga)loschen
grämen |
|
grüßen sollte |
Süßen grollte |
|
güt’ge Meister |
(über)müt’ge
Geister |
|
güt’gen Manns |
(hoch)müt’gen
Gans |
|
Gulden schelten |
Schulden gelten |
|
gut bemeistert |
(Dichter)mut
begeistert |
|
Gute haben |
Hute gaben |
|
gute Held |
Hute gellt |
|
Haar weit |
Wahrheit |
|
Händen gafft |
(le)gendenhaft |
|
Händen Leben |
Lenden heben |
|
Hängematten |
Menge hatten |
|
Reim |
Seite |
Gegenreim |
Hai erschlafft |
schleierhaft |
|
Hallen wandelt |
(Zornes)wallen handelt |
|
Hast zu leben |
Last zu heben |
|
Hauch erbebt |
Bauch erhebt |
|
Haufen retten |
raufen hätten |
|
(ab)heben lassen |
Leben hassen |
|
Heck ein Schrei |
Schreck ein Hai |
|
Hecken gafft |
geckenhaft |
|
heftig kreischt |
kräftig heischt |
|
heftig schalten |
(ge)schäftig halten |
|
hehren Alten |
Ehren halten |
|
Heidekraut |
Kreide haut |
|
heiß geschwärmt |
Schweiß gehärmt |
|
heißen Mandeln |
Meißen handeln |
|
heißen war |
weißen Haar |
|
heißen Wienern |
weißen Hühnern |
|
(Geistes)held
ergeben |
Geld erheben |
|
Herd zu walten |
wert zu halten |
|
Herzen schmeichelnd |
(Liebes)schmerzen heuchelnd |
|
Hiebe lärmen |
Liebe härmen |
|
Hinterwand |
Winterhand |
|
hinzusetzen |
Sinn zu hetzen |
|
(ge)hoben
schreit |
(Ver)schrobenheit |
|
holde Gaben |
Golde haben |
|
Honigseim |
Sohn nicht heim |
|
Hosenriegel |
Rosenhügel |
|
Hosentaschen |
Tosen haschen |
|
Hügel flackt |
Flügel hackt |
|
Humpen lassen |
Lumpen hassen |
|
Hut und Mütze |
Mut und Hitze |
|
Hute gaben |
Gute haben |
|
Hute gellt |
gute Held |
|
Ingeborg |
bin Georg |
|
Inseln weilen |
Winseln eilen |
|
Jugend Tagen |
Tugend jagen |
|
Käthchen gräme |
Gretchen käme |
|
kaum zu schau’n |
Schaum zu kau’n |
|
Keime retten |
Reime ketten |
|
kein Mädchen |
mein Käthchen |
|
keine Seele |
seine Kehle |
|
Reim |
Seite |
Gegenreim |
Kerze schimmert |
Scherze kümmert |
|
Kindermädchen |
minder Käthchen |
|
Kindermüh’n |
minder kühn |
|
Kindermund |
minder kund |
|
(Be)klagenswerte |
Wagens klärte |
|
Klang du bebst |
bang du klebst |
|
Klee gewagt |
wehgeklagt |
|
Klee versprungen |
Spree verklungen |
|
kleine Becken |
Beine klecken |
|
kleine Sarah |
seine Klara |
|
kleinen Stümpern |
Steinen klimpern |
|
Klimpern webt |
Wimpern klebt |
|
Klingel schlug |
Schlingel klug |
|
(Cy)klon entscheiden |
schon entkleiden |
|
Knallbüchsen |
Ball knicksen |
|
Knaster laben |
Lasterknaben |
|
Knochen raus |
Rochen Knaus |
|
Knoten ballen |
Boden knallen |
|
kocht er tosend |
Tochter kosend |
|
Köder schnellte |
schnöder Kälte |
|
König wandte |
wenig kannte |
|
König wehrt |
wenig kehrt |
|
König wimmert |
wenig kümmert |
|
(Ak)kord gebullert |
Bord gekullert |
|
kräftig heischt |
heftig kreischt |
|
(Hörer)kranze
tönen |
Tanze krönen |
|
krasser Wahn |
Wasserkran |
|
krasser Weise |
Wasserkreise |
|
krauten leis |
lauten Kreis |
|
Kreide haut |
Heidekraut |
|
Krümmung stehn |
Stimmung krähn |
|
Kümmel laufen |
Lümmel kaufen |
|
Kummer doch |
dummer Koch |
|
Kummer nahm |
Nummer kam |
|
Labetrank |
trabe lang |
|
Lämmer dicht |
Dämmerlicht |
|
länglich bauschen |
bänglich lauschen |
|
lästern giebt |
gestern liebt |
|
Lagen meiden |
Magen leiden |
|
landet Braut |
brandet laut |
|
Reim |
Seite |
Gegenreim |
Landungsbrücke |
Brandungslücke |
|
lang zu säumen |
Sang zu leimen |
|
(Ado)lar
gewogen |
war gelogen |
|
lassen nippen |
nassen Lippen |
|
Last zu heben |
Hast zu leben |
|
Lasterknaben |
Knaster laben |
|
Laubgerüste |
Raubgelüste |
|
laue Gruft |
graue Luft |
|
laut gebrüstet |
Braut gelüstet |
|
lauten Kreis |
krauten leis |
|
lauten Trieb |
trauten Lieb |
|
Leben bang |
Beben lang |
|
Leben hassen |
(ab)heben lassen |
|
Leben raubten |
Reben laubten |
|
Leben wagen |
Weben lagen |
|
Leben woben |
Weben loben |
|
leer gemacht |
mehr gelacht |
|
leer gesiebt |
sehr geliebt |
|
leeren Tassen |
(be)tören lassen |
|
(ver)legenswerte |
(Be)wegens lehrte |
|
Leib gewesen |
Weib gelesen |
|
Leichen wähnen |
weichen Lehnen |
|
leichenblassen |
(er)bleichen lassen |
|
Leid dir nehmen |
Neid dir lähmen |
|
leiden oder mindern |
meiden oder lindern |
|
Leier schlagen |
Schleier lagen |
|
(al)leine meiden |
(allge)meine
Leiden |
|
Lenden fassen |
pfänden lassen |
|
Lenden heben |
Händen Leben |
|
lernen fand |
fernen Land |
|
Leuchten fand |
feuchten Land |
|
Leute baden |
Beute laden |
|
(elendig)lich
ersaufen |
sicher laufen |
|
Licht gesungen |
(Ge)sicht gelungen |
|
Liebe härmen |
Hiebe lärmen |
|
Liebe Sehnen |
Sie belehnen |
|
Liebe traut |
Triebe laut |
|
liebe trösten |
Triebe lösten |
|
Liebe trügen |
Triebe lügen |
|
Liebe wohnt |
wie belohnt |
|
Reim |
Seite |
Gegenreim |
Lieder weben |
wieder leben |
|
Liese zierte |
ciselierte |
|
Linken wiegt |
Winken liegt |
|
Ga)loschen grämen |
Groschen lähmen |
|
Lücken meiden |
Mücken leiden |
|
Lüfte denken |
Düfte lenken |
|
Lüge reicht |
Rüge leicht |
|
Lümmel kaufen |
Kümmel laufen |
|
Lümmel toben |
(Ge)tümmel loben |
|
Lumpen hassen |
Humpen lassen |
|
Lumpen passen |
pumpen lassen |
|
Lumpenpack |
Pumpenlack |
|
Mächte neiden |
Nächte meiden |
|
mächtig prahlen |
prächtig malen |
|
mächtig preist |
prächtig meist |
|
Mädel an |
Edelmann |
|
Mähne Zier |
Zähne mir |
|
(Ge)mäuer sich fängt |
Feuer sich mengt |
|
Magen leiden |
Lagen meiden |
|
Magenschluß |
schlagen muß |
|
(Krönungs)mahl
gesessen |
Saal gemessen |
|
Mahl verzehrt |
Zahl vermehrt |
|
Mai verschleißt |
Schleifer meist |
|
(Genre)malerei’n |
(Gene)rale
mein |
|
Maules Geister |
(Dichter)gaules
Meister |
|
mehr gelacht |
leer gemacht |
|
meiden oder lindern |
leiden oder mindern |
|
mein Käthchen |
kein Mädchen |
|
(allge)meine
Leiden |
(al)leine meiden |
|
meine Schwester |
Schweinemäster |
|
meinen Schwager |
Schweinen mager |
|
Meißen handeln |
heißen Mandeln |
|
meisten runter |
reisten munter |
|
Menge hatten |
Hängematten |
|
milde Geister |
(Sänger)gilde
Meister |
|
Milden wär |
wilden Meer |
|
milden Wässer |
Wilden Messer |
|
minder Käthchen |
Kindermädchen |
|
minder kühn |
Kindermüh’n |
|
minder kund |
Kindermund |
|
Reim |
Seite |
Gegenreim |
minder scheren |
Schindermähren |
|
Mut und Hitze |
Hut und Mütze |
|
Molch gedacht |
Dolch gemacht |
|
Moppel dort |
Doppelmord |
|
Mücken leiden |
Lücken meiden |
|
(über)müt’ge
Geister |
güt’ge Meister |
|
(hoch)müt’gen
Gans |
güt’gen Manns |
|
Munde rann |
runde Mann |
|
(Dichter)mut
begeistert |
gut bemeistert |
|
(todes)mut’gen Blicken |
blut’gen Mücken |
|
Nacht geschlossen |
Schlachtgenossen |
|
Nächte meiden |
Mächte neiden |
|
Nächte Schlummer |
schlechte Nummer |
|
Naß er wieder |
Wasser nieder |
|
nassen Lippen |
lassen nippen |
|
nasser Wicht |
Wasser nicht |
|
Neid dir lähmen |
Leid dir nehmen |
|
nicht ersetzen |
(Ge)sichter netzen |
|
nimmer zeigt |
Zimmer neigt |
|
nüchtern schätzt |
schüchtern netzt |
|
Nummer kam |
Kummer nahm |
|
ohne schien |
schone ihn |
|
Ohren spitzt |
Sporen itzt |
|
pfänden lassen |
Lenden fassen |
|
Pfahle schund |
Schale Fund |
|
Pflegesohn |
See geflohn |
|
prächtig malen |
mächtig prahlen |
|
prächtig meist |
mächtig preist |
|
Probe reißt |
Robe preist |
|
Prügelspeisen |
(Tugend)spiegel
preisen |
|
pumpen lassen |
Lumpen passen |
|
Pumpenlack |
Lumpenpack |
|
Rabengeiz |
Gabenreiz |
|
rachesüchtig |
Sache richtig |
|
(Gene)rale
mein |
(Genre)malerei’n |
|
(Um)randung
bringen |
Brandung ringen |
|
(hei)raten sollte |
Saaten rollte |
|
(be)rauben
gleich |
glauben reich |
|
Raubgelüste |
Laubgerüste |
|
raufen hätten |
Haufen retten |
|
Reim |
Seite |
Gegenreim |
rauh gebettet |
Bau gerettet |
|
Reben laubten |
Leben raubten |
|
Reime ketten |
Keime retten |
|
reisten munter |
meisten runter |
|
Reiterweise |
Weiterreise |
|
(Si)renensang |
Sehnen rang |
|
Richtung danken |
Dichtung ranken |
|
Riemen streichen |
striemenreichen |
|
Riesenzug |
(prä)zisem Ruck |
|
Rinde weichen |
(Versge)winde
reichen |
|
Rittergut |
Gitter ruht |
|
Rittern beichten |
Bittern reichten |
|
Robe preist |
Probe reist |
|
Rochen Knaus |
Knochen raus |
|
Rollen täuschen |
tollen Räuschen |
|
Rosenhügel |
Hosenriegel |
|
Rosse pfleget |
Flosse reget |
|
Rudel springen |
Sprudel ringen |
|
Rudel streckte |
Strudel reckte |
|
(zu)rückbegleiten |
Glück bereiten |
|
Rücken decken |
dicken Recken |
|
Rüge leicht |
Lüge reicht |
|
Rührungszeichen |
(ver)zierungsreichen |
|
rüttelnd scheuchen |
schüttelnd reichen |
|
Ruhe scheuchen |
Schuhe reichen |
|
runde Mann |
Munde rann |
|
Saal gemessen |
Mahl gesessen |
|
Saaten rollte |
(hei)raten sollte |
|
Sache richtig |
rachesüchtig |
|
Sänger streiten |
strenger Saiten |
|
Säufer trinkt |
Treu versinkt |
|
sagen wollte |
wagen sollte |
|
Sang zu leimen |
lang zu säumen |
|
Satteldecken |
Dattelsäcken |
|
Satter flucht |
Flattersucht |
|
Sau gefressen |
Frau gesessen |
|
sausend bringt |
brausend singt |
|
Schädel ihn |
edel schien |
|
(ge)schäftig halten |
heftig schalten |
|
Schale Fund |
Pfahle schund |
|
Reim |
Seite |
Gegenreim |
Scharen wetzen |
Warenschätzen |
|
Schauer bleiben |
blauer Scheiben |
|
Schaum zu kau’n |
kaum zu schau’n |
|
Schein zu wahren |
Wein zu scharen |
|
Schein zu werfen |
Wein zu schärfen |
|
scheinen immer |
einen Schimmer |
|
(Er)scheinen setzen |
seinen Schätzen |
|
Scheitel ihn |
eitel schien |
|
Schelten weint |
Welten scheint |
|
Scherze kümmert |
Kerze schimmert |
|
(ab)scheul’chen
Grund |
gräul’chen Schund |
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Chic zu blenden |
Blick zu schänden |
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Schimmer traute |
Trümmer schaute |
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Schindermähren |
minder scheren |
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Schlachtgenossen |
Nacht geschlossen |
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Schläfer singen |
See verschlingen |
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schläuer finden |
Feuerschlünden |
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schlagen muß |
Magenschluß |
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schlapp geachtet |
abgeschlachtet |
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schlechte Nummer |
Nächte Schlummer |
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Schleier lagen |
Leier schlagen |
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schleierhaft |
Hai erschlafft |
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Schleifer meist |
Mai verschleißt |
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Schlingel klug |
Klingel schlug |
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Schloß getragen |
Troß geschlagen |
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(Liebes)schmerzen heuchelnd |
Herzen schmeichelnd |
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Schneiderellen |
Ei der schnellen |
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schnöder Kälte |
Köder schnellte |
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schnuppe sein |
Suppe schnei’n |
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schöner stand |
Stöhner Schand’ |
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Scholzen stöhnen |
stolzen Schönen |
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schon entkleiden |
(Cy)klon entscheiden |
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schon gesenket |
(Pflege)sohn
geschenket |
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schone ihn |
ohne schien |
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Schonung währt |
Wohnung schert |
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Schreck ein Hai |
Heck ein Schrei |
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(Ver)schrobenheit |
(ge)hoben
schreit |
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(uner)schrocken nur sein |
Socken nur zu schrei’n |
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schüchtern netzt |
nüchtern schätzt |
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schüttelnd reichen |
rüttelnd scheuchen |
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Reim |
Seite |
Gegenreim |
Schuhe reichen |
Ruhe scheuchen |
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Schulden gelten |
Gulden schelten |
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Schundes büßen |
Bundesschießen |
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Schunkeln dachte |
dunkeln Schachte |
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Schweinemäster |
meine Schwester |
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Schweinen mager |
meinen Schwager |
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Schweiß gehärmt |
heiß geschwärmt |
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Schweißes wert |
weißes Schwert |
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Schwestern führen |
festern Schwüren |
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Schwimmen stiegen |
Stimmen schwiegen |
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(ge)schwinde
Wellen |
Winde schwellen |
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(ver)schwunden wär’ |
(ver)wunden
schwer |
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See geflohn |
Pflegesohn |
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See gewann |
Wege sann |
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See verschlingen |
Schläfer singen |
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seelenvoll |
fehlen soll |
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Segen weih’n |
Wegen sein |
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segenvoll |
fegen soll |
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sehen ein |
Ehen sein |
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Sehnen rang |
(Si)renensang |
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sehr geliebt |
leer gesiebt |
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sehr verehrte |
Ehrversehrte |
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sei verrucht |
Eifersucht |
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Seidenbeinen |
bei den Seinen |
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seine Kehle |
keine Seele |
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seine Klara |
kleine Sarah |
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seinen Schätzen |
(Er)scheinen setzen |
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sei‘s gewagt |
weisgesagt |
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Seite strich |
streite sich |
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sel’gen Zeiten |
(un)zähl’gen Saiten |
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(Ge)sellen winken |
Wellen sinken |
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Sendung wegen |
Wendung Segen |
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sicher laufen |
(elendig)lich
ersaufen |
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(Ge)sicht gelungen |
Licht gesungen |
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(Ge)sichter netzen |
nicht ersetzen |
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Sie belehnen |
Liebe sehnen |
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sie betränen |
Triebe sehnen |
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sie gewagt |
wie gesagt |
|
sie gezwungen |
zwiegesungen |
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Sinn zu hetzen |
hinzusetzen |
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Reim |
Seite |
Gegenreim |
Socken nur zu schrei’n |
(uner)schrocken nur sein |
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(Pflege)sohn
geschenket |
schon gesenket |
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Sohn nicht heim |
Honigseim |
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Speisewaren |
weise Sparen |
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(Tugend)spiegel
preisen |
Prügelspeisen |
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Sporen itzt |
Ohren spitzt |
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Spree verklungen |
Klee versprungen |
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Sprudel ringen |
Rudel springen |
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(Ge)stade beugt |
Bade steigt |
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stärksten ich |
ärgsten Stich |
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Stalle geigen |
Galle steigen |
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(wohlbe)stallten
Erben |
Alten sterben |
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(Ver)standes Werke |
(Reimge)wandes Stärke |
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(Hasel)stecken eher |
Eckensteher |
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Steinen klimpern |
kleinen Stümpern |
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still geworben |
will gestorben |
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Stimmen schwiegen |
Schwimmen stiegen |
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Stimmung krähn |
Krümmung stehn |
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Stöhner Schand’ |
schöner stand |
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stolzen Schönen |
Scholzen stöhnen |
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Store zu fällen |
vorzustellen |
|
stracks du weichen |
Wachs du streichen |
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Strahlen pfeifen |
fahlen Streifen |
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streite sich |
Seite strich |
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strenger Saiten |
Sänger streiten |
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striemenreichen |
Riemen streichen |
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Strudel reckte |
Rudel streckte |
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Sturm geworben |
Wurm gestorben |
|
Sturm wich |
Wurmstich |
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Süßen grollte |
grüßen sollte |
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Suppe schnei’n |
schnuppe sein |
|
tadelsohne |
Adelstone |
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Tagen zollen |
(Unver)zagen
tollen |
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Tanze krönen |
(Hörer)kranze
tönen |
|
Teiches Glut |
gleiches tut |
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(La)ternenpfahl |
fernen Tal |
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Thule bat |
Buhle tat |
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Tintenflaschen |
Flintentaschen |
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Tochter kosend |
kocht er tosend |
|
(be)tören lassen |
leeren Tassen |
|
Reim |
Seite |
Gegenreim |
tollen Räuschen |
Rollen täuschen |
|
Tosen haschen |
Hosentaschen |
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trabe lang |
Labetrank |
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trauten Lieb |
lauten Trieb |
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Treu versinkt |
Säufer trinkt |
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Triebe laut |
Liebe traut |
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Triebe lösten |
liebe trösten |
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Triebe lügen |
Liebe trügen |
|
Triebe sehnen |
sie betränen |
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trinken wollte |
Winken trollte |
|
Troß geschlagen |
Schloß getragen |
|
Trümmer schaute |
Schimmer traute |
|
(Ge)tümmel loben |
Lümmel toben |
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Tugend jagen |
Jugend Tagen |
|
vorzustellen |
Store zu fällen |
|
Wachs du streichen |
stracks du weichen |
|
Wade banne |
Badewanne |
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währt wird gut |
gährt wird Wut |
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wagen sollte |
sagen wollte |
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Wagenpferden |
(Hippo)phagen werden |
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Wagens klärte |
(Be)klagenswerte |
|
Wahlbezirken |
(Stimmen)zahl bewirken |
|
Wahrheit |
Haar weit |
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(Zornes)wallen handelt |
Hallen wandelt |
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(Reimge)wandes Stärke |
(Ver)standes Werke |
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Wannenbäder |
bannen weder |
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war gelogen |
(Ado)lar
gewogen |
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Warenschätzen |
Scharen wetzen |
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warmen Beinen |
(Er)barmen weinen |
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Wasser nicht |
nasser Wicht |
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Wasser nieder |
Naß er wieder |
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Wasserbecken |
Baß erwecken |
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Wasserglas |
Glas er was |
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Wasserkran |
krasser Wahn |
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Wasserkreise |
krasser Weise |
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Weben lagen |
Leben wagen |
|
Weben loben |
Leben woben |
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Wege sann |
See gewann |
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Wegen sein |
Segen weih’n |
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(Be)wegens lehrte |
(ver)legenswerte |
|
Reim |
Seite |
Gegenreim |
wehgeklagt |
Klee gewagt |
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Weib gelesen |
Leib gewesen |
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weichen Lehnen |
Leichen wähnen |
|
Wein zu schärfen |
Schein zu werfen |
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Wein zu scharen |
Schein zu waren |
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weinen fangen |
feinen Wangen |
|
weinen fing |
feinen Wink |
|
weise Sparen |
Speisewaren |
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weisgesagt |
sei‘s gewagt |
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weißen Haar |
heißen war |
|
weißen Hühnern |
heißen Wienern |
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weißes Schwert |
Schweißes wert |
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Weiterreise |
Reiterweise |
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Wellen sinken |
(Ge)sellen winken |
|
Welten scheint |
Schelten weint |
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Wendung Segen |
Sendung wegen |
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wenig kannte |
König wandte |
|
wenig kehrt |
König wehrt |
|
wenig kümmert |
König wimmert |
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wert zu halten |
Herd zu walten |
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(Gruben)wetterbrände |
Bretterwände |
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wie belohnt |
Liebe wohnt |
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wie gesagt |
sie gewagt |
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wieder bringt |
Brüder winkt |
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wieder gleiße |
Glieder weiße |
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wieder leben |
Lieder weben |
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wilden Meer |
Milden wär |
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Wilden Messer |
milden Wässer |
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will gestorben |
still geworben |
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Wimpern klebt |
Klimpern webt |
|
(Versge)winde
reichen |
Rinde weichen |
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Winde schwellen |
(ge)schwinde
Wellen |
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Winken liegt |
Linken wiegt |
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Winken trollte |
trinken wollte |
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Winseln eilen |
Inseln weilen |
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Winterhand |
Hinterwand |
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Witzesblätter |
Blitzeswetter |
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Wohnung schert |
Schonung währt |
|
Wort falle |
fortwalle |
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Würger bald |
(Erden)bürger
wallt |
|
Reim |
Seite |
Gegenreim |
(ver)wunden
schwer |
(ver)schwunden wär’ |
|
Wurm gestorben |
Sturm geworben |
|
Wurmstich |
Sturm wich |
|
Wut erbleicht |
Blut erweicht |
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(un)zähl’gen Saiten |
sel’gen Zeiten |
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Zähne mir |
Mähne Zier |
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(Unver)zagen
tollen |
Tagen zollen |
|
(Stimmen)zahl bewirken |
Wahlbezirken |
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Zahl vermehrt |
Mahl verzehrt |
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zart gebogen |
Bart gezogen |
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(ver)zehrende
Gischt |
gährende zischt |
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(ver)zierungsreichen |
Rührungszeichen |
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Zimmer flieh’n |
(Ge)flimmer zieh’n |
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Zimmer neigt |
nimmer zeigt |
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(prä)zisem Ruck |
Riesenzug |
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Zitterflug |
Flitterzug |
|
zorngebogen |
Born gezogen |
|
zwiegesungen |
sie gezwungen |
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Von
Claus Gradenwitz, einem Enkel von Dr. Gradenwitz, erhielt ich die
folgenden
Zeilen seines Großvaters, der das Lied „Ungeduld“, das wir aus
Schuberts Schöner
Müllerin kennen, umgedichtet hat.
Vier
neue
Strophen zu „Ungeduld“
Ich
schriebe
es bei jedem Sonnenschein
Mit
einem
Brennglas in den Asphalt ein,
Schrie’s in die Welt
vom Rathausballekong
Verkündet’s laut im Alsterpaviljong,
Auf
jedes
Blatt des Treffbuchs möcht’ ich’s schreiben:
Dein ist
mein Herz und wird es ewig bleiben!
Ich
wollt’
mir zieh’n ein junges Faselschwein,
Bis es
die
Worte grunzte klar und rein,
Bis es
sie
grunzte treu und inniglich
Mit
zärtlicher Empfindung g’rad wie ich,
Das
sollt’ den
Sinn ihr in die Ohren treiben:
Dein ist
mein Herz und wird es ewig bleiben!
Es müßt ein jedes Zeitungsweib es keifen,
Ein
jedes
Alsterdampfboot schrill es pfeifen,
Auch an
der
Börse sollt’s ein jeder schrei’n,
Es
brüllen
jedes Wesen, groß und klein,
Mit
einem
Lärm, der gar nicht zu beschreiben:
Dein ist
mein Herz und wird es ewig bleiben!
Ich
mein’,
es müßt auf meiner Stirne steh’n,
Ein
jeder müßt es deutlich leuchten seh’n,
Elektrisch
flammend hoch vom Café Ott,
Und
jedem
Schlot entqualmt’s in schwarzem Sott,
Und sie
merkt nischt, es ist zum Selbstentleiben:
Dein ist
mein Herz und wird es ewig bleiben!
(Dr.
Hans
Gradenwitz, handschriftlich auf der Rückseite einer an ihn
gerichteten
Einladung zur Gesellschaftersitzung der Chemischen Werke
Reiherstieg
am 21.12.1907. Die erste Zeile wurde ergänzt, da sie auf der
vorliegenden
Kopie nicht vollständig lesbar ist. Für wen? Oder einfach so?
Die Eheschließung
mit Marga Niemeyer war am 07.08.1911)
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